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Traumatische Nervenläsionen

Traumatischen Nervenläsionen können prinzipiell überall im Körper durch verschiedenste Unfallmechanismen, beispielsweise bei Sport, Arbeits- oder Verkehrsunfällen durch eine entsprechende Gewalteinwirkung entstehen. Häufig sind diese Nervenverletzungen mit schweren Begleitverletzungen vergesellschaftet. Aber auch durch medizinische Maßnahmen (z.B. Lymphknotenbiopsie, Frakturversorgung) kommt es immer wieder zu solchen Nervenverletzungen. Charakteristisch ist ein akut eintretender Funktionsverlust des betroffenen Nervens. Wie bereits beschrieben sollten akute Nervenverletzungen mit scharfer Durchtrennung des Nerven innerhalb einer Woche neurochirurgisch versorgt werden, wenn die Begleitverletzungen dies zulassen. Hierbei wird in der Regel in Vollnarkose unter mikrochirurgischer Technik mit Hilfe eines Mikroskops eine End- zu End Adaptation der Nervenstümpfe durchgeführt. Diese Adaptation wird durch feinste Nähte und eine Art Bioklebstoff (Fibrinkleber) gesichert. Eine Spannung auf die Nervennaht sollte in jedem Fall vermieden werde. Ist eine spannungsfreie Annäherung der Nervenenden nicht möglich, muss in manchen Fällen ein Spendernerv zwischen die Nervenenden eingenäht werden (Nerventransplantation/Nerveninterposition). Hierfür wird in der Regel ein sensibler Nerv am Bein entnommen, der das Gefühl in der Fußaußenkante vermittelt und als N. suralis bezeichnet wird. Nach derartigen Nervenrekonstruktionen durch direkte Naht oder Nerveninterponat muss für ca. 14 Tage jeglicher Zug auf die Nervenenden vermieden werden. Hierzu werden nach Rekonstruktionen über Gelenke hinweg orthopädietechnische Hilfsmittel, wie z.B. Bandagen, in seltenen Fällen auch Gipsschienen zur Ruhigstellung genutzt. Danach kann das frühfunktionelle Training mit intensiver Physiotherapie begonnen werden.

Bei traumatischer Schädigung mehrerer Nerven, wie z.B. dem Armnervengeflecht (nach Motorradunfällen) oder Nervenwurzelausrissen aus dem Rückenmark kann eine direkte Rekonstruktion einzelner Nerven nicht immer durchgeführt werden. Aufgrund der starken Funktionseinschränkung kann dann in ausgewählten Fällen aber versucht werden durch Umlenken anderer Nerven verschiedene Hauptfunktionen wieder herzustellen. Hierzu werden diese Spendernerven durchtrennt und dann entweder End- zu End, oder End- zu Seit an den Empfängernerv angeschlossen. Die operative Technik entspricht hierbei der Nervenrekonstruktion unter dem Mikroskop mit Sicherung über feine Nähte und Fibrinkleber. Nach der initialen Schonung von ca. 14 Tagen soll auch hier eine intensive Nachbehandlung mit Physiotherapie, Ergotherapie und physikalischen Maßnahmen erfolgen.

Die traumatischen Nervenläsionen erfordern eine möglichst frühzeitige und spezialisierte Diagnostik, sowie ggf. neurochirurgische Therapie, um ein gutes funktionelles Ergebnis zu ermöglichen. Die Behandlung dieser komplexen Nervenverletzungen sollte in spezialisierten Zentren erfolgen, die über ein interdisziplinäres Netzwerk zur Diagnostik und Therapie derartiger Verletzungen verfügen. Auch die Zusammenarbeit mit anderen chirurgischen Abteilungen kann von großer Bedeutung sein. Zum Festlegen der Behandlungsstrategie ist eine Vorstellung mit allen vorhandenen Unterlagen (Bildgebung, Vorbriefe, elektrophysiologische Messungen, usw.) in der spezialisierten peripheren Nervensprechstunde sinnvoll.