Bei der überwiegenden Mehrzahl der Hypophysen-Tumore handelt es sich um Hypophysenadenome. Adenome sind gutartige Tumore, die vom Vorderlappen der Hirnanhangsdrüse ausgehen. Sogenannte Mikroadenome (<10 mm) sind relativ häufig und werden oft als Zufallsbefund nachgewiesen. Klinisch relevante Adenome, die Symptome verursachen, sind dagegen selten. Mit einem behandlungsbedürftigen Adenom ist bei einer Person unter 100 000 Menschen pro Jahr zu rechnen.
Hypophysenadenome, die keine Hypophysenhormone bilden oder ausschütten (=sezernieren), werden klinisch hormoninaktive Hypophysenadenome genannt (Abbildung 2). Hormoninaktive Adenome werden oft erst dann diagnostiziert, wenn sie bereits groß sind und Sehstörungen oder Hormonausfälle verursachen.
Oft besitzen Hypophysenadenome die Fähigkeit, ein Hypophysenhormon auszuschütten. Dann handelt es sich um hormonaktive Hypophysenadenome. Anders als beim Gesunden werden die Hormone durch Hypophysenadenome nicht bedarfsgerecht, sondern unkontrolliert und im Überschuss ausgeschüttet. Abhängig von der Art des ausgeschütteten Hormons entstehen ganz unterschiedliche und charakteristische Krankheitsbilder (Abbildung 2).
Am häufigsten sind die 3 nachfolgend beschriebenen Erkrankungen:
Das Krankheitsbild der Akromegalie tritt auf, wenn ein Hypophysenadenom vermehrt Wachstumshormon ausschüttet. Man spricht von einem Wachstumshormon-sezernierenden Hypophysenadenom. Dadurch entsteht ein übermäßiges und krankhaftes Wachstum von Knochen, Weichteilen und inneren Organen. Äußerlich zeigen sich in typischer Weise eine Vergröberung der Gesichtszüge und eine Vergrößerung der Nase, der Füße und der Hände (Abbildung 3). Gleichzeitig kommt es auch zu einer Vergrößerung der inneren Organe wie zum Beispiel zur Vergrößerung des Herzens (=Kardiomegalie). Durch die Auswirkungen auf den Stoffwechsel können ein Bluthochdruck (=arterielle Hypertonie) und eine Blutzuckerkrankheit (=Diabetes mellitus) auftreten (Abbildung 4).
Tritt ein solches Wachstumshormon-sezernierendes Adenom bereits im Kindesalter auf, entsteht ein Riesenwuchs (=Gigantismus). Ein Gigantismus kann nur entstehen, solange die Wachstumsfugen im Bereich der Knochen, die für das Längenwachstum benötigt werden, geöffnet sind.
Der Morbus Cushing entsteht durch ein ACTH-bildendes Hypophysenadenom. Die überschüssige Ausschüttung von ACTH durch ein Adenom hat eine krankhafte Cortisol-Ausschüttung der Nebennierenrinde zur Folge.
Äußerlich zeigen sich eine stammbetonte Fettsucht (=Adipositas), ein Vollmondgesicht, ein sogenannter Büffelnacken (=Fettpolster am Nacken), eine Gesichtsrötung und vor allem am Bauch und an den Oberschenkeln bläulich-rötliche Dehnungsstreifen der Haut (=Striae rubrae). Schon bei geringem Anstoßen oder bei Bagatell-Verletzungen treten blaue Flecken auf (=Hämatom-Neigung).
Beim Morbus Cushing handelt es sich um eine
schwerwiegende Krankheit, bei der es auch zu Bluthochdruck,
Blutzuckerkrankheit, Infektanfälligkeit, Thromboseneigung, Knochenschwund
(=Osteoporose) und sogar zu psychischen Veränderungen (z.B. Depressionen)
kommen kann. Entsprechend ist eine rasche und konsequente Behandlung dringend
erforderlich (s.u.).
Prolaktinome sind Hypophysenadenome, die überschüssig Prolaktin ausschütten. Vorwiegend sind Frauen betroffen. Der Prolaktinüberschuss führt charakteristischerweise zum Ausbleiben der Periodenblutung (=Amenorrhoe) und zum Auftreten von Milchfluss aus der Brust (=Galaktorrhoe). Man spricht deshalb auch von einem Amenorrhe-Galaktorrhe Syndrom. Bei Männern kann ein Prolaktinom zu einem Rückgang der männlichen Körperbehaarung, zur Beeinträchtigung des Sexuallebens und zur Zeugungsunfähigkeit (=Infertilität) führen.
Auch bei den anderen Raumforderungen im Bereich der Hypophyse handelt es sich überwiegend um gutartige Prozesse.
Nach den Hypophysenadenomen sind im neurochirurgischen Krankengut die Kraniopharyngiome unter den Hypophysentumoren am zweithäufigsten. Es handelt sich dabei um Missbildungsgeschwülste. Kraniopharyngiome sind die häufigsten gutartigen Gehirntumoren im Kindesalter. Sie können jedoch auch im Erwachsenenalter auftreten.
Meningeome sind gutartige Geschwülste, die von den Hirnhäuten ausgehen. Meningeome können auch in der Nachbarschaft der Hypophyse angetroffen werden. Die Unterscheidung von Hypophysenadenomen ist dann oft schwierig.
Relativ häufig werden im Bereich der Hypophyse Zysten (=flüssigkeitsgefüllte Raumforderungen) beobachtet. Zu dieser Kategorie zählen die Zysten der Rathke’schen Tasche, die hypophysären Kolloidzysten (=Pars intermedia Zysten) und die Arachnoidalzysten. Oft handelt es sich um Zufallsbefunde, die nicht behandlungsbedürftig sind. Eine Operation wird nur erforderlich, wenn Symptome wie zum Beispiel Sehstörungen oder Hormondefizite entstehen.
Zunehmend beobachtet wird auch eine Entzündung der Hypophyse, die sogenannte Hypophysitis. Es handelt sich dabei um ein Autoimmun-Geschehen. Auch die Hypophysitis, die als Raumforderung in Erscheinung treten kann, ist zuweilen schwierig von Hypophysenadenomen zu unterscheiden. In unklaren Fällen oder bei schweren klinischen Symptomen erfolgt eine operative Probebiopsie oder auch die Entfernung der entzündlichen Veränderungen.
Bösartige Geschwülste, wie zum Beispiel Metastasen, werden im Bereich der Hypophyse nur selten angetroffen.