Spezialgebiete

Neurophysiologie

Die Messung evozierter Potentiale hat sich zu einer Standardmethode innerhalb der Neurochirurgie entwickelt. Gemessen werden dabei die sensibel (SEP), motorisch (MEP) und akustisch (AEP) evozierten Potentiale. Durch diese Messungen können zuverlässig Aussagen über mögliche Störungen des sensiblen und motorischen Systems gemacht werden. Über die Untersuchung der frühen akustisch evozierten Potentiale werden zusätzlich Informationen über die Funktion des Hirnstammes sowie der Qualität der Hörfunktion erhalten. Zusätzlich können diese Methoden kombiniert während neurochirurgischer Operation an eloquenten Hirnarealen oder auch bei schwierigen Eingriffen am Rückenmark durchgeführt werden.

Die Messung evozierter Potentiale wird in unserer Klinik in folgenden Bereichen durchgeführt:

  • Ambulanter Bereich
  • Stationärer Bereich
  • Intensivstationen
  • Operationssaal

SEP–Somatosensorisch Evozierte Potentiale

Somatosensorisch evozierte Potentiale erlauben eine objektive und quantifizierbare Funktionsprüfung des somatosensiblen Nervenbahnen. Das sind Nervenbahnen, die Gefühlsreize von der Hautoberfläche bis ins Gehirn leiten. Nachweisbar sind örtliche, vollständige oder partielle Leitungsblockaden und Leitungsverzögerungen der aufsteigenden Bahnen.

Durch eine multisegmentale Stimulation/Ableitung ist es möglich, eine topographische Zuordnung des Läsionsortes zu erstellen.

Da die spinalen und die frühen kortikalen Potentiale sehr stabil gegenüber pharmakologischen Einflüssen sind und auch von der Bewusstseinslage nicht beeinflusst werden, haben die SEP im Intensivbereich eine bedeutende Rolle zur prognostischen Einschätzung von zerebralen und spinalen Traumen erlangt.

MEP–Motorisch Evozierte Potentiale

Zur Prüfung zentral motorischer (absteigender) Leitungsbahnen wurde 1980 erfolgreich die elektrische Stimulation des motorischen Kortex mit einem Hochvoltstimulator eingeführt.

Seit Mitte der achtziger Jahre wird die Transkranielle Magnet Stimulation angewandt, die im Gegensatz zur elektrischen Stimulation keine Schmerzen verursacht. Die Magnetstimulation des motorischen Kortex und die Ableitung eines evozierten Muskelaktionspotentials stellen eine leicht anzuwendende und zuverlässige diagnostische Methode dar. Auch dabei besteht die Möglichkeit einer fraktionierten Stimulation, um zwischen einer zentralen und einer peripheren Schädigung zu unterscheiden.

Die Anwendung im operativen Bereich wurde jedoch erst durch die Entwicklung der hochfrequententranskraniell elektrischen Stimulation soweit verbessert, dass eine zuverlässige Messung trotz des Einflusses der Narkosemittel möglich wurde.

NTMS- Navigierte Transkranielle Magnetstimulation

Eine exakt lokal funktionelle Darstellung motorisch relevanter Hirnareale lässt sich seit einigen Jahren mit einer weiterentwickelten Technik der MEP, der sogenannten Navigierten Transkraniellen Magnet Stimulation erreichen. Dabei kann in Vorbereitung einer Operation im Bereich der Zentralregion, die funktionelle Zuordnung bestimmter Muskeln in repräsentativen Hirngebieten aufgezeigt werden und die Lokalisation einer Raumforderung in Bezug gebracht werden. Zugangswege werden dadurch sicherer planbar. Die gewonnen Ergebnisse lassen sich durch Einspielung der Daten auf das Navigationsgerät auch intraoperativ nutzen.

AEP–Akustisch Evozierte Potentiale

Akustisch evozierte Potentiale sind eine heterogene Gruppe von Potentialen, die sich bei Beschallung eines oder beider Ohren, in der Nähe des äußeren Gehörganges, gemessen gegen eine Referenz in der Scheitelregion, ableiten lassen. Diagnostisch am wichtigsten sind die Wellen I-V der frühen akustisch evozierten Potentiale. AEP spielen bei der Früherkennung von Prozessen am äußeren und inneren Ohr, am Hörnerv und bei Hirnstammerkrankungen eine wichtige Rolle.


Normalbefund vs Peaks schlecht reproduziert und verzögert

Da die frühen AEP, ebenso wie die SEP, stabil gegenüber pharmakologischen Einflüssen und unabhängig von der Bewusstseinslage sind, kommt auch ihnen eine wichtige Rolle bei der Beurteilung zur Prognose nach schweren Schädelhirntraumata und intrazerebralen Blutungen auf Intensivstation zu .

SP-Silent Period

Da SEP und MEP im Rahmen der Diagnostik einer Syringomyelie zwar verändert sein können, nicht aber zwingend spezifisch, wird seit 2008 zusätzlich in unserer Klinik die Methode der Silent Period eingesetzt.

(Roser et al, A new concept in the electrophysiological evaluation of syringomyelia J Neurosurg Spine 8:517–523, 2008)

Dabei wird nach dem Erhalt oder Verlust, der natürlicherweise auftretenden „Innervationsstille“ in einem willkürlich angespannten Muskel nach kurzer schmerzhafter elektrischer Reizung des zugehörigen Hautareals /oder eines Nerven geschaut. Typisch für Patienten mit einer Syringomyelie (krankhafte Erweiterung des Spinalkanals, oft auftretend in Zusammenhang mit einer knöchernen Fehlbildung im Übergangsbereich Kopf/Halsoder bei Verwachsungen im Spinalkanal) nicht jedoch einer Hydromyelie (Normvariante), ist der Verlust/ teilweise Verlust, bedingt durch Beeinträchtigung von Strukturenzentraler Bereiche des Myelons.

In der Diagnostik intramedullärer Tumore kann diese Methode ebenfalls eingesetzt werden.

Intraoperatives multimodales Neuromonitoring

Im Team begleiten wir ca. 450 -500 Operationen pro Jahr.

Der kombinierte Einsatz der beschriebenen Monitoring Methoden im Operationssaal soll helfen die chirurgischen Resultate zu optimieren, sowie neurologische Defizite während eines Eingriffs zu verhindern.

Der Chirurg erhält dabei kontinuierliche Informationen über den Funktionszustand überwachter Nervenbahnen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit durch Mapping- und Stimulationsmethoden Informationen über die funktionelle Wertigkeit und Integrität von kritischen neurologischen Strukturen des Gehirns, des Hirnstammes oder des Rückenmarkes zu erhalten. Das gibt zusätzliche Sicherheit im Verlauf einer Operation.

Bei Operationen im Kleinhirnbrückenwinkel hat sich die Lokalisation und Überwachung des N. Facialis, als auch der kaudalen Hirnnerven durch Elektrostimulation und Ableitung von Muskelantwortpotentialen, sowie des EMG bewährt. Ebenso werden kontinuierlich Funktionen des Hörnervs sowie sensibler und motorischer Leitungsbahnen überwacht.

(Facial nerve monitoring during cerebellopontine angle and skull base tumor surgery: a systematic review from description to current success on function prediction. Acioly MA, Liebsch M, de Aguiar PH, Tatagiba M.) World Neurosurg. 2013 De

M.Samii/M.Tatagibaaus
Strategies in Neurologic Surgery
Upjohn Company Sep.1994

Für spinale Eingriffe mit Raumforderungen, die das Rückenmark selbst betreffen, steht als Ergänzung zur Überwachung der sensiblen und motorischen Leitungsbahnen zusätzlich die Ableitung der sogenannten D-Welle über einen Katheter direkt vom Rückenmark zur Verfügung. Das ermöglicht, im Falle sich verschlechternder Ableitungen an den Zielmuskeln, weiterhin Informationen über den funktionellen Zustand des Rückenmarks zu erhalten.

Sitzt der Tumor im Bereich von Nervenwurzeln, die bereits das Rückenmark verlassen haben, besteht die Möglichkeit durch Stimulation zwischen den verschiedenen sensiblen und motorischen Nervenwurzeln zu differenzieren, wie auch Reflexe zu prüfen, um mehr Informationen über die Integrität sakraler Nervenwurzeln die zur Blasensteuerung beitragen, zu erhalten.

Operationen zur Entfernung von Tumoren in Hirnarealen, die für Bewegung oder auch Sprache verantwortlich sind, benötigen verschiedene Methoden der Stimulation/Mapping des Gewebes um funktionelle Gebiete zu lokalisieren bzw. vor Defiziten zu schützen.

Durch kontinuierliche Ableitungen der sensiblen, wie auch motorischen Potentiale, lassen sich während riskanter Manöver, z.Bsp.beim Ausclippen eines Aneurysmas oder auch während Tumorentfernungen, relativ schnell ischämische Ereignisse feststellen und geben die Gelegenheit zum Gegensteuern.