Spezialgebiete

Wie erfolgt die operative Behandlung von Hypophysentumoren?


Die Operation ist bei den meisten Hypophysentumoren die Behandlung der ersten Wahl.

Transsphenoidale (=transnasale) Operation

Etwa 90% aller Hypophysentumore können durch die Nase entfernt werden.Die transnasale Operation ist geeignet für Tumore, die im Bereich der Hypophyse und somit innerhalb des Türkensattels entstehen. Prinzipiell kann die transsphenoidale Operation in mikrochirurgischer oder endoskopischer Technik durchgeführt werden (Abbildung 5).

In Tübingen verwenden wir vorwiegend die mikrochirurgische Technik (Abbildung 5A & Abbildung 6), die einen dreidimensionalen Blick ermöglicht. Wir präparieren einen sehr kleinen, Gewebe-schonenden operativen Zugang (=minimal invasiver Zugang). Unter dem Operationsmikroskop (Abbildung 6 A) gehen wir über das Nasenloch vor und schauen durch die Nasenhaupthöhle. Ein Schleimhautschnitt erfolgt erst in der Tiefe vor der Keilbeinhöhle, die eröffnet wird. Die Keilbeinhöhle (=Sinus sphenoidalis) ist eine Luft-gefüllte Höhle hinter der Nase. Da man durch die Keilbeinhöhle hindurch operiert, spricht man von einem „transsphenoidalen Zugang“. Durch die Keilbeinhöhle blickt man auf den knöchernen Türkensattel. Nach Eröffnen des Türkensattels gelangt man an den Hypophysentumor (Abbildung 6 B). Der Tumor wird mit Mikroinstrumenten entfernt. Abbildung 7 zeigt die Kernspintomogramme vor und nach Entfernung eines großen Hypophysenadenoms.

Der Hypophysentumor lässt sich unter dem Operationsmikroskop gut von der Hypophyse abgrenzen. Dies ist von größter Bedeutung, da wir den Tumor entfernen, die Hypophyse aber unbedingt erhalten wollen.

Der Hypophysentumor ist in manchen Fällen nur durch eine Hirnhaut (das sogenannte Diaphragma sellae) vom darüber liegenden Nervenwasserraum getrennt. Bei großen Tumoren und dünner Hirnhaut kann deshalb Nervenwasser während der Operation durch die Nase abtropfen. Bei Nervenwasser-Austritt wird eine Abdichtung während der Operation erforderlich. Für die Abdeckung verwenden wir meist Faszia lata (=Gewebeschicht über der Muskulatur), die über einen kleinen Hautschnitt vom seitlichen Oberschenkel entnommen wird. Das Faszien-Transplantat wird von unten auf die Sella turcica aufmodelliert. Die Faszienentnahme ist bei etwa 25% der Patienten erforderlich. Alternativ kann bei Nervenwasser-Austritt eine Abdichtung auch mit einem Schleimhautlappen von der Nasenscheidewand erfolgen.

Bei manchen Patienten setzen wir auch die endoskopische Technik ein (Abbildung 5 B & Abbildung 8). Anders als beim Mikroskop, welches sich außerhalb des Operationsgebietes befindet, wird dabei die Optik bis in die Keilbeinhöhle vorgeführt. Mit dem Endoskop können auch seitliche Bereich ausgeleuchtet und betrachtet werden, die unter dem Operationsmikroskop nicht direkt sichtbar werden.

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Abb. 8: (links): Transnasale Hypophysen-Operation mit dem Endoskop. Der Assistent hält das Endoskop. Das Operationsfeld wird über den Monitor betrachtet.



Weitere technische Hilfsmittel:

In Tübingen steht für schwierige Hypophysentumoren auch die intraoperative Kernspintomographie in einem speziellen Operationssaal (=iMRI-Unit) zur Verfügung. In der iMRI-Unit kann während der Operation die Tumorentfernung kernspintomographisch kontrolliert werden. Im Falle von Tumorresten können diese während derselben Operation entfernt werden. Dadurch kann in manchen Fällen eine zweite Operation vermieden werden.

Bei ausgedehnten Tumoren oder bei Rezidiv-Eingriffen wird die Operation durch ein Navigationssystem - sogenannte Neuronavigation unterstützt, welches auf dem selben Prinzip wie die Navigation im Straßenverkehr beruht. Zur Orientierung verwendet man kernspintomographische Aufnahmen, die vor oder während der Operation angefertigt werden. Der Operateur kann mit Hilfe der Neuronavigation den operativen Zugang präzise planen, das Operationsrisiko durch Darstellen der Risikostrukturen (zum Beispiel Schlagader, Nerven) reduzieren und das Ausmaß der Tumorentfernung verbessern. Bei Tumoren die ein Wachstum Richtung Hirnschlagader (Arteria carotis interna) aufweisen oder diese vollständig ummauern, kann das Gefäß mittels Doppler-Sonographie lokalisiert und dessen Verlauf verfolgt werden. Sehr kleine Adenome, die auch in der Kernspintomographie nur schwer lokalisierbar sind, können mittels Ultraschall innerhalb der Hypophyse detektiert werden, um eine größtmöglich schonende Entfernung zu erzielen.

Transkranielle Operation

Manche große Hypophysenadenome, die weit ins Schädelinnere vor entwickelt sind, werden über eine Schädeldach-Eröffnung (=transkranielle Operation) entfernt.

Auch andere Tumorarten, die oberhalb der Hypophyse und im Bereich des Hypophysenstiels lokalisiert sind, werden auf transkraniellem Wege operiert. Hierzu zählen zum Beispiel viele Kraniopharyngiome und Meningeome.