Die Pathophysiologie des Hydrozephalus, also das Verständnis der krankhaften Mechanismen, aufgrund derer es zur Ausbildung des Hydrozephalus kommt, ist nur für bestimmte Formen des Hydrozephalus vorhanden, für andere Formen wiederum, wie zum Beispiel für den chronischen Erwachsenen-Hydrozephalus (oder Normaldruckhydrozephalus = NPH), existieren nur Hypothesen, die mehr oder weniger allgemeine Akzeptanz haben.
Vom Hydrozephalus wird man dann sprechen, wenn es zu einer – im Verhältnis zur vorhandenen Gehirnmasse relativ zu starken – Erweiterung der inneren Hirnkammern (Ventrikel) kommt und sich dadurch relativ zu viel Hirnwasser, im Fachbegriff Liquor cerebrospinalis, im Schädelinnenraum ansammelt. Diese Ansammlung von Hirnwasser (Liquor) wird in der Regel mit einem bildgebenden Untersuchungsverfahren wie der Computertomographie oder der Kernspintomographie diagnostiziert. Die Erweiterung der Ventrikel, auch „Ventrikulomegalie“ genannt, ist das unwidersprochen gemeinsame Element aller Krankheitsbilder und aller Ursachen, die zum Hydrozephalus führen.
Im Gehirn befinden sich vier Hirnkammern, die sogenannten „inneren Liquorräume“ (siehe Abbildung 1 und 2). Die beiden großen Hirnkammern, die Seitenventrikel, liegen symmetrisch innerhalb des Großhirns zentral angeordnet und dehnen sich, im Stirnhirnbereich (Frontallappen) beginnend oberhalb und seitlich der so genannten Stammganglien nach hinten in den Hinterhauptsbereich (Okzipitallappen) aus und setzen sich mit dem sogenannten Temporalhorn wieder im Halbkreis nach vorne in den Schläfenhirnlappen hinein fort. Unterhalb der Seitenventrikel und zentral mittig im Gehirn, vorne vom Sehnerven begrenzt und seitlich vom Hypothalamus und Thalamus begrenzt, liegt die 3. Hirnkammer (3. Ventrikel), der mit den Seitenventrikeln über je ein Verbindungsloch, das Foramen Monroi, verbunden ist. Durch einen dünnen Gang, den Aquaeductus cerebri, der durch das Mittelhirn führt, ist der 3. Ventrikel mit der 4. Hirnkammer (4.Ventrikel) verbunden. Dieser liegt im unteren Hinterkopfbereich und ist von vorne durch den Hirnstamm und von seitlich und hinten durch das Kleinhirn begrenzt. Drei Ausflussöffnungen aus dem 4. Ventrikel (Foramen Luschkae rechts und links, sowie Foramen Magendii mittig hinten) verbinden den 4. Ventrikel mit den das Gehirn umgebenden Hirnwasserräumen, den sogenannten „äußeren Liquorräumen“ (türkis dargestellt in Abbildung 2). Der Liquor fließt aus dem 4. Ventrikel in die Kleinhirnbrückenwinkelzisterne beiderseits über die Foramen Luschkae bzw. in die große Hinterhauptszisterne (Cisterna magna) am Übergang vom Hirnschädel zum Rückenmarkskanal über das Foramen Magendii. Die äußeren Liquorräume umfassen den Subarachnoidalraum über der Hirnoberfläche, die basalen Zisternen im Bereich der Schädelbasis und der gesamte Liquorraum des Spinalkanals im Inneren der Wirbelsäule.
Im Bereich der Seitenventrikel befindet sich der so genannte Plexus choroideus, eine zottenartige Struktur, der durch das Foramen Monroi ins Dach des 3. Ventrikels zieht. Ein weiterer Plexus choroideus befindet sich im unteren Bereich des 4. Ventrikels. Der Plexus choroideus produziert den größten Teil des Liquor cerebrospinalis in einem Filtrationsprozess, der durch den Druckgradienten zwischen arteriellem Druck und Druck im Liquorraum angetrieben wird. Die Liquorproduktionsrate ist unterschiedlich und kann nicht direkt gemessen werden. Indirekte Verfahren lassen annehmen, dass die Liquorproduktionsrate zwischen 0,1 und 0,3 ml pro Minute beträgt. Sie ist von Individuum zu Individuum stark schwankend und wahrscheinlich altersabhängig auch abnehmend. Im Regelfall kann der Mensch den innerhalb der Hirnkammern produzierten Liquor cerebrospinalis unter normalen Druckbedingungen nicht wieder vollständig über die innere Oberfläche der Hirnkammern ins Gehirngewebe zurück resorbieren, so dass ein gewisser Nettofluss von Hirnwasser aus den Seitenventrikeln über den 3.Ventrikel durch den Aquädukt in den 4. Ventrikel und von dort in die äußeren Liquorräume existiert. Die Rückresorption dieses austretenden Hirnwassers findet dann aus den äußeren Liquorräumen statt.
Klassischerweise wurde in den vergangenen hundert Jahren als wesentlicher Ort der Liquorrückresorption die so genannten Pacchioni’schen Granulationen entlang des Sinus sagittalis angenommen, in deren Zentrum die sogenannten arachnoidalen Villi stehen. Bereits im Jahr 1913 wurde dieser Ansicht jedoch schon widersprochen und ein ubiquitärer, also überall stattfindender Rückresorptionsmechanismus postuliert. Hierfür spricht, dass Menschen ohne arachnoidale Villi und ohne Pacchioni’sche Granulationen geboren werden und sich diese erst zwischen dem 2. und 7. Lebensjahr ausbilden, ohne dass Neugeborene oder Kinder einen Hydrozephalus erleiden. Sicher bekannte Orte für eine Liquorrückresorption sind die arachnoidalen Umscheidungen der Spinalnerven, des Riech- und des Sehnerven, von hier erfolgt eine Rückresorption in das lymphatische System. Auch ist eine Rückresorption über das Hirngewebe in die venöse Seite des Blutgefäßsystems anzunehmen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Rückresorptionsfähigkeit des menschlichen Gehirns für Liquor cerebrospinalis um ein Vielfaches über der Liquorproduktionsrate liegt und nur sehr selten ein limitierender Faktor ist.
Das klassische Vorstellungsmodell über die Liquorzirkulation geht von einem einfachen Hirnwasserkreislauf aus, der mit der Liquorproduktion im Plexus choroideus beginnt, sich über die Liquorzirkulation durch die Hirnkammern und die äußeren Liquorräume fortsetzt und am Rückresorptionsort, den Pacchioni’schen Granulationen, endet. Nach dieser einfachen Vorstellung entsteht ein Hydrozephalus dann, wenn entweder zu viel Hirnwasser produziert wird, der Fluss von Hirnwasser innerhalb der inneren Liquorräume oder im Ausflussbereich am 4. Ventrikel blockiert wird oder die Rückresorption im Bereich der Pacchioni’schen Granulationen gestört ist. Abgesehen von den nicht allgemeinhin akzeptierten Mechanismen der Liquorrückresorption greift dieses einfache Modell für eine große Zahl von Hydrozephaluspatienten zu kurz.
Seit den Versuchen von Dandy und Blackfan im Jahre 1913 spricht man von kommunizierendem und nicht-kommunizierendem Hydrozephalus. Die ursprüngliche Definition betrifft die Feststellung, ob ein Farbstoff, der in die Hirnkammern eingegeben wurde, auch im Rückenmarkskanal ankommt. Im positiven Falle spricht man von einem kommunizierenden Hydrozephalus, also einer freien Kommunikation zwischen den inneren Hirnkammern und dem Spinalkanal. Ein nicht kommunizierender Hydrozephalus bedeutet somit einen Verschluss der Hirnwasserwege zwischen Hirnkammern und Spinalkanal. Im Jahre 1949 wurde durch Dorothee Russell die Begriffe des obstruktiven und nicht-obstruktiven Hydrozephalus definiert, wobei mit obstruktiv jede Form der Flussbehinderung von Liquor, in den inneren und in den äußeren Liquorräumen, definiert wird, und als nicht-obstruktiv lediglich eine Behinderung der Liquorrückresorption definiert ist.
Im Alltagsgebrauch werden diese Begriffe jedoch leider nicht in der ursprünglichen Definition verwendet. Man spricht allgemein von einem obstruktiven oder nicht-kommunizierenden Hydrozephalus, wenn mittels MRT oder CT eine Flussbehinderung in den inneren Liquorräumen oder am Ausfluss vom 4. Ventrikel erkannt werden kann. Klassische Beispiele sind Tumoren oder Zysten (wassergefüllte Blasen), die die Liquorpassage im Bereich der Verbindungsöffnungen , des 3 Ventrikels, des Aquäduktes oder des 4. Ventrikels blockieren. Es kommt dann zum Aufstau von Hirnwasser in den inneren Hirnkammern (da ja dort nicht aller Liquor rückresorbiert werden kann) und nachfolgend des Druckanstieges zu einer Erweiterung der Hirnkammern. Diese Formen von Hydrozephalus lassen sich noch am einfachsten verstehen und idealer weise durch eine Entfernung des Flusshindernisses behandeln oder auch durch eine innere Umleitung, indem z.B. eine künstliche Ausflussöffnung am Boden des 3. Ventrikels in die äußeren Liquorräume geschaffen wird (sogenannte Ventrikulozisternostomie), und damit der Aufstau von Liquor durch einen wiederhergestellten Ausfluss behoben wird.
Für einen großen Teil der Hydrozephaluspatienten lässt eine einfach CT- oder Kernspinuntersuchung jedoch keine Flussbehinderung im Bereich der inneren Liquorräume erkennen. Dies betrifft insbesondere den chronischen Erwachsenenhydrozephalus oder auch so genannten Normaldruckhydrozephalus (NPH = normal pressure hydrocephalus (englisch)). Dieser wird, da keine offensichtliche Flussbehinderung zu erkennen ist, deswegen allgemein als kommunizierender Hydrozephalus bezeichnet. Das gängige Erklärungsmodell ist, dass es zu einer Störung der Rückresorption von Liquor kommt, ohne dass die Mechanismen dieser gestörten Rückresorption weiter bekannt wären. Nicht einsichtig ist, wie es dann bei einer freien Kommunikation und damit fehlenden Druckgradienten zwischen inneren und äußeren Liquorräumen zu einer Erweiterung der inneren Liquorräume und einer Verschmälerung der äußeren Liquorräume, insbesondere oberhalb des Gehirns und entlang der sogenannten Pacchioni’schen Granulationen, kommt. Insbesondere, wenn die Rückresorption tatsächlich über die Pacchioni’schen Granulationen erfolgen würde und dieser Rückresorptionsmechanismus dort gestört wäre, müsste es zuallererst zu einer Erweiterung der äußeren Liquorräume im Bereich dieses Staus kommen und nicht zu einer Verschmälerung derselben, wie bei typischen Normaldruckhydrozephalus zu beobachten ist.
Das klassische Liquorzirkulationsmodell (sogenannte bulk-flow-Theorie) erklärt also nicht die Entstehungsgeschichte des chronischen Erwachsenenhydrozephalus (NPH) und ebenso wenig bestimmte Formen des kindlichen Hydrozephalus. Einen neuen Erklärungsansatz bietet die hydrodynamische Theorie, die auf Beobachtungen der Pulsation von Liquor und arteriellem und venösem Blut beruht, wie sie in speziellen kernspintomographischen Darstellungen sichtbar gemacht werden können.
Das Herz erzeugt in den Schlagadern (Arterien) keinen gleichförmigen, sondern einen pulsartig an- und abschwellenden Blutstrom: Die Pulsatilität des zufließenden arteriellen Blutes wird im Hirninnenraum über mehrere Mechanismen zu einem gleichförmigen Blutstrom in der Endstrecke des Gefäßbettes im Gehirn umgewandelt. Wichtig für eine Abschwächung der Pulsatilität des arteriellen Blutstromes ist der so genannte Windkesseleffekt, der im Bereich der äußeren Liquorräume zu einer Übertragung des arteriellen Pulses auf den Liquorraum führt. Der arterielle Blutpuls ist somit ein wesentlicher Generator der Liquorpulsation. Zudem pulsiert das Gehirn selbst durch das Eintreffen des bereits abgeschwächten arteriellen Blutstromes im Gehirngewebe. Der Liquorpuls wird zum Teil auf das abfließende (venöse) Blut übertragen, so dass ein sehr komplexes, im Normalzustand exakt synchronisiertes, Pulsationsbild von arteriellem Blut, Hirnwasser und venösem Blut resultiert. Das Volumen hin- und herströmenden (pulsierenden) Hirnwassers übertrifft den Nettofluss von Hirnwasser von den inneren in die äußeren Liquorräume bei Weitem. Es wird mittlerweile immer klarer, dass eine Störung der Pulsatilität bzw. eine Störung der Synchronizität zwischen arteriellem, venösem und Liquorpuls zu einer Erweiterung der Hirnkammern und dem Bild eines Hydrozephalus führen kann.
Ebenso haben mittlerweile Untersuchungen gezeigt, dass die Mehrzahl der Normaldruckhydrozephaluspatienten eine eingeschränkte intrakranielle Compliance hat. Die intrakranielle Compliance beschreibt die Druck-Volumen-Beziehung im Innenraum des Schädels, in dem das Gehirn liegt. Bei einer großen Compliance führt die Addition von zusätzlichem Volumen zu einem geringen Druckanstieg, bei einer geringeren Compliance führt die Addition des gleichen Volumens zu einem sehr großen Druckanstieg. Eine eingeschränkte Compliance führt also zu einer Zunahme der Pulsatilität im intrakraniellen Raum. Eine eingeschränkte Compliance führt auch zu einer Abnahme des Windkesseleffekts und damit zu einer Zunahme der arteriellen Pulsatilität. Es ist anzunehmen, dass das gehäufte Auftreten einer eingeschränkten Compliance und die ebenfalls beobachtete erhöhte Pulsatilität des Liquors bei Patienten mit Normaldruckhydrozephalus bzw. mit einer symptomatischen Ventrikelerweiterung ursächlich mit der Entstehung des Krankheitsbildes verbunden sind. Es hat sich herausgestellt, dass jene Patienten mit hoher Pulsatilität und deutlich eingeschränkter Compliance in weitaus größerem Maße positiv auf die Ableitung von Hirnwasser in Bezug auf eine Besserung ihrer Symptome reagieren, als solche Patienten, die diese Charakteristika nicht haben.
Auch durch die hydrodynamische Theorie lassen sich nicht alle Phänomene des so genannten kommunizierenden Hydrozephalus erklären. Sicher ist jedoch, dass die Pulsatilität bzw. eine Änderung der Pulsatilität eine wichtige Rolle bei der Entstehung des Hydrozephalus spielen. Ebenso klar geworden ist die Bedeutung der äußeren Liquorräume, insbesondere im Bereich der basalen Zisternen. Eine ungestörte Liquorpassage in den basalen Zisternen ist für das Funktionieren des Windkessels von elementarer Bedeutung. Nur wenn der Liquor aus den basalen Zisternen ungestört abfließen kann, funktioniert der Windkessel im vorgesehenen Sinne und die Pulsatilität des arteriellen zufließenden Blutes wird entsprechend abgeschwächt. Tierversuche konnten eindeutig belegen, dass eine Blockade des Liquorflusses in den basalen Zisternen zu einer sehr schnellen Entstehung eines Hydrozephalus führt, obwohl der Ausfluss aus den Hirnkammern weiterhin offen ist und keine Obstruktion im herkömmlichen Sinne vorliegt. Beim Menschen entsteht diese Situation in einem bekannten Krankheitsbild, der Subarachnoidalblutung, bei der eine Einblutung in die basalen Zisternen den Liquorfluß stört und die Patienten bei einer größeren Blutmenge regelhaft einen Hydrozephalus entwickeln. Der Begriff obstruktiver Hydrozephalus, so wie er ursprünglich definiert wurde, hat damit eine neue Bedeutung erhalten. Eine Obstruktion des Liquors in den äußeren Liquorräumen führt somit auch zu einem Hydrozephalus.
Unklar ist auch der Einfluss des Alters. Der Normaldruck-Hydrocephalus ist typischerweise eine Erkrankung des alternden Gehirnes bei Patienten jenseits der 60 Jahre, oft jenseits der 70. Es ist davon auszugehen, dass die meisten Patienten mit Normaldruck-Hydrozephalus bzw. mit den Symptomen eines Normaldruckhydrozephalus und erweiterten Hirnkammern nicht plötzlich, quasi über Nacht, erweiterte Hirnkammern bekommen und dann Symptome auftreten, sondern dass sie schon seit vielen Jahren erweiterte Hirnkammern haben und erst im späteren und fortgeschrittenen Alter symptomatisch werden.
Eine Vielzahl von Erkrankungen kann zu einer Erweiterung der Hirnkammern und einem Krankheitsbild führen, welches als Hydrozephalus bezeichnet wird. Lässt sich eine Obstruktion der Hirnwasserwege auf CT oder besser auf MRT-Bildern klar erkennen, ist die Ursache verständlich. Beim so genannten kommunizierenden Hydrozephalus, wie zum Beispiel beim Normal-Druck-Hydrozephalus, bei dem kein Kommunikationshindernis offensichtlich ist, ist die Entstehung der Erkrankung weiterhin unklar. Eine Störung der Liquorpulsation scheint jedoch ein wichtiger Faktor im Entstehungsmechanismus zu sein.