Zur Diagnostik eines peripheren Nervenschadens gehört in jedem Fall eine gründliche Inspektion des Nervenverlaufs und die klinische Untersuchung der vom Nerven versorgten Hautareale und Muskeln. Eine Sensibilitätsprüfung sowie Funktions,- bzw. Kraftprüfung einzelner Muskeln wird deswegen bei Erstvorstellung durch den behandelnden Arzt durchgeführt.
Das Hautareal das Schmerzen oder Missempfindungen bereitet, zusammen mit dem motorischen Ausfall bestimmter Muskeln, lassen dann auf den Verlauf und ursächlichen Nerven rückschließen, da jeder periphere Nerv ein charakteristisches Areal versorgt.
Wichtig hierbei ist auch der Einbezug der Anamnese, da die Entstehung der Symptomatik bereits Rückschlüsse auf die Art der Verletzung, bzw. den Nervenschaden zulässt. So können beispielsweise die Schwere des Traumas, der Verletzungsmechanismus und die entstandenen Begleitverletzungen Hinweis auf die Art der Nervenläsion geben.
Eine komplette Durchtrennung oder Teilläsion kann hierbei zum sofortigen Funktionsverlust des Nervens führen und grundsätzlich unterscheidet man offene Verletzungen mit einem scharf durchtrennten Nerv (Messer, Rasierklinge, Hieb- oder Schussverletzungen) von Schädigungen, die durch stumpfe Traumata entstanden sind.
Bei scharfen Durchtrennungen sollte abhängig von den Begleitverletzungen eine zügige (am besten innerhalb der 1. Woche) chirurgische Wiederherstellung über eine End- zu End-Naht erfolgen.
Bei stumpfen Verletzungen ist es entscheidend früh zwischen Verletzungen zu unterscheiden, die das Potential der spontanen Erholung besitzen und anderen, bei denen der primäre Nervenschaden eine spontane Erholung unwahrscheinlich macht.
Zu dieser Entscheidung tragen apparative diagnostische Verfahren bei. Neben den elektrophysiologischen Messungen der Nervenleitgeschwindigkeit (NLG) und der Muskelpotentiale der betroffenen Muskulatur (EMG) hat sich die hochauflösende Nervensonographie (Ultraschallbildgebung) als ein entscheidendes diagnostisches Werkzeug etabliert. Während die elektrophysiologischen Untersuchungen häufig erst im Verlauf eindeutige Befunde zulassen, können über die sonographische Darstellung der Nerven Einengungen, Kontinuitätsunterbrechungen und weitere Verletzungen verlässlich diagnostiziert und damit die richtige Therapie frühzeitig eingeleitet werden.
Bei Nachweis einer schweren Verletzung wird dann ohne weitere Verzögerung die neurochirurgische Rekonstruktion des betroffenen Nerven angestrebt, bei Hinweisen auf moderate Schädigungen kann der Heilungsverlauf über 3-6 Monate abgewartet werden, um eine Spontanerholung zu beurteilen. In vielen Fällen ist dann eine chirurgische Therapie nicht mehr notwendig. Sollten sich innerhalb der ersten 3 Monate keinerlei positiven Veränderungen einstellen, sollte eine operative Exploration und ggf. Rekonstruktion unmittelbar erfolgen.
Bei Verdacht auf Nervenausrisse aus dem Rückenmark, größere Schäden an den Nervengeflechten (Pexusausriss) oder bei peripheren Nerventumoren ist weiterhin die Kernspintomographie (MRT) auch mit Kontrastmittel eine wertvolle Ergänzung der Diagnostik.
Generell lassen sich konservative Therapieformen von operativ- rekonstruktiven Therapieverfahren unterscheiden.
Bei Verletzungen, bei denen der Spontanverlauf abgewartet werden kann, wird der Heilungsverlauf durch intensive therapeutische Maßnahmen ergänzt; hierzu zählen intensivierte Physiotherapie auch auf neurophysiologischer Grundlage (z.B. PNF, Bobath), physikalische Maßnahmen, Elektrostimulation und Ergotherapie. Ggf. kann die vorübergehende Anpassung orthopädietechnischer Hilfsmittel erforderlich sein. Die Dauer und Intensität dieser Maßnahmen richtet sich nach der Regeneration und dem Heilungsverlauf des Nervenschadens.
In Fällen, in denen eine operative Therapie notwendig wird, lassen sich 3 unterschiedliche Arten der Operation unterscheiden:
Operation bei Kompressionssyndromen
Hier wird der betroffene Nerv mikrochirurgisch freigelegt und die einengenden Bandstrukturen, Knochenvorsprünge oder Narbenzüge werden entfernt. (Neurolyse und Dekompression)
Nervenrekonstruktion
In Fällen einer Nervenunterbrechung erfolgt die direkte Naht zwischen den betroffenen Nervenenden falls dies spannungsfrei möglich ist. Lassen sich die Enden nicht adaptieren, wird in der Regel ein weiterer sensibler Nerv (N. suralis) am Bein entnommen und zwischen die Enden transplantiert (Nerventransplantation). Dies wird z.B. auch dann nötig wenn sich ein Neurom gebildet hat und dieses zur Nervenrekonstruktion chirurgisch entfernt werden muss.
Lassen sich Nerven nicht direkt rekonstruieren, kann man neurochirurgisch andere funktionelle Nerven auf den betroffenen Nerv umlenken, um so die Chance einer Regeneration der ursprünglichen Funktion wieder herzustellen. Hierfür muss dann aber häufig eine andere, weniger notwendige Funktion geschwächt oder sogar ganz geopfert werden. Diese Nervenumlenkungen sind in der Regel nur bei schweren Verletzungen notwendig und werden in entsprechenden spezialisierten Zentren für periphere Nervenchirurgie durchgeführt.
Tumorentfernung
Periphere Nerventumoren werden unter Hilfe eines Operationsmikroskops in mikrochirurgischer Technik entfernt. Neben dem Operationsmikroskop werden intraoperative Sonographie und elektrophysiologische Messungen eingesetzt, um eine möglichst vollständige Tumorentfernung zu ermöglichen, ohne eine Schädigung des betroffenen Nervens zu riskieren.